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Hypochondrie - Die Angst vor Erkrankungen

  • wenkekroschinsky
  • 24. Sept.
  • 6 Min. Lesezeit

Was ist Krankheitsangst?

 

Hinweis: Die Inhalte dieses Artikels kannst du dir auch bei Youtube anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=OpSaNtpmRPc


Angst vor Krankheiten ist vollkommen normal, das haben alle Menschen von Zeit zu Zeit. Wenn diese Befürchtungen aber für länger als ein halbes Jahr anhalten und auch nicht zurückgehen trotz ärztlichen Bestätigungen, dass keine organischen Erkrankungen vorliegen und die Betroffenen sich in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt fühlen, spricht man von Hypochondrie.

 

Krankheitsangst ist also die übermäßige Sorge, ernsthaft krank zu sein – obwohl medizinisch keine ausreichenden Befunde vorliegen. Sie ist keine Einbildung, sondern eine echte psychische Belastung mit körperlichen und emotionalen Folgen.

 

🔍 Typische Merkmale:

 

• Häufiges Scannen des Körpers nach Symptomen

• Katastrophisierende Gedanken („Was, wenn es Krebs ist?“; „Ich werde pflegebedürftig.“)

• Wiederholte Arztbesuche oder Vermeidung medizinischer Reize

• Starke Unsicherheit trotz beruhigender Befunde

• Hoher Leidensdruck und eingeschränkter Alltag

 

Wer unter Krankheitsangst leidet, hat ständig seinen Körper im Fokus: Wo tut etwas weh? Welches Körperteil fühlt sich anders an? Ist die Farbe und die Form des Stuhlgangs auffällig? Wie hört sich die Lunge beim Atmen an? Schlägt das Herz noch im Takt? Die Flecken auf der Haut sind doch sicher nicht normal! Der Schmerz im Kopf sticht immer an der gleichen Stelle. Übelkeit bei Frauen kann auch ein frühes Signal von einem Herzinfarkt sein.

 

Ständig begleitet sie die Angst, schwer krank zu sein oder es zu werden. Sie haben Angst vor den möglichen Folgen einer Erkrankung, vor dem Tod und vor dem Sterben und vor eventuellen Einschränkungen für den Rest ihres Lebens. Um all dies rechtzeitig abwenden zu können, überprüfen sie immer wieder den Körper, ob er irgendwelche Anzeichen von Krankheiten zeigt und beschäftigen sich mit den Symptomen intensiv und zeitraubend. Entweder suchen sie häufig Ärzte auf, um ihre Beschwerden abklären zu lassen oder sie Vermeiden Arztbesuche aus Angst vor einer schlimmen Diagnose. Die Betroffenen sind in ihrem Alltag hoch belastet und auch ihre Angehörigen und Freund leiden unter deren massiven Krankheitsängsten. Sie verbringen viel Zeit mit ihren Krankheitsängsten (den Körper abscannen; zu unterschiedlichen Ärzten gehen) und häufig investieren sie auch viel Geld in alternative Heilmethoden.

 

Doch nicht nur die Angst und das „Checking-Behavior“ sind belastend, Menschen mit Krankheitsängsten sind auch meistens stark erschöpft, weniger leistungsfähig, haben Konzentrations- und Aufmerksamkeitsschwierigkeiten, sind traurig und zeigen Rückzugs- und Schonungsverhalten. Sie verlieren das Vertrauen in ihren eigenen Körper und auch in ihre eigenen Beurteilungsfähigkeiten. Sie halten sich für schwach, nicht belastbar und haben Selbstzweifel. Auch Ärger auf Personen, die sie und ihre Ängste nicht ernst nehmen, kommt häufig vor.

 

 

🧩 Warum entsteht Krankheitsangst? Risikofaktoren und Auslöser

 

Ängste haben nie eine einzige Ursache, sondern es wirken unterschiedliche Faktoren:


  1. Genetik: Ängste können vererbt werden: haben Familienangehörige eine

    Angsterkrankung, so ist das Risiko für die Entwicklung von Ängsten erhöht.

  2. Persönlichkeit: Menschen, die eher ängstlich sind und zum Perfektionismus neigen, haben ein höheres Risiko, übermäßige Ängste zu bekommen.

  3. Prägung durch das Umfeld: Wenn die engen Bezugspersonen häufig über ihre

    Krankheiten und über ihre Ängste davor sprechen oder wenn sie übermäßig viele Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen, dann ist es wahrscheinlicher, dass man mehr Ängste vor Krankheiten entwickelt. Aber auch tatsächliche chronische und schwere Erkrankungen in der Familie beeinflussen die Art, wie wir über Krankheiten denken.

  4. Belastende Lebensereignisse: der Tod einer nahestehenden Person oder schwere

    Krankheit im näheren Umfeld können dazu führen, dass Ängste entwickelt werden.

  5. Anhaltende Alltagsstressoren: ein niedriges Bildungsniveau, geringes Einkommen,

    wirtschaftliche Unsicherheiten, chronischer Stress, Mobbing am Arbeitsplatz, Trennung vom Partner, Wiederaufnahme der Arbeit nach Elternzeit usw. können Risikofaktoren für Krankheitsängste darstellen.

 

👨‍⚕️ Die Aufrechterhaltung der Krankheitsängste – Warum gehen sie nicht einfach wieder weg, wenn der Arzt gesagt hat, dass alles in Ordnung ist?

 

Menschen mit Krankheitsangst lassen sie von medizinischen Aussagen und Befunden nur kurzzeitig beruhigen. „Es ist alles in Ordnung bei Ihnen.“, von jemanden mit einem weißen Kittel bringt im ersten Moment Erleichterung: „Gott sei dank, ich habe keine schlimme Krankheit.“. Leider dauert es nicht lange, bis der Betroffene wieder körperliche Beschwerden bemerkt. Diese körperlichen Symptome werden hinterfragt „Was könnte das sein? Krebs? Herzinfarkt? Schlaganfall?“, es wird verstärkt das Körperteil beobachtet „Was passiert jetzt? Ist der Schmerz noch da? Ist er nicht sogar ein bißchen schlimmer geworden?“, das Symptom wird als etwas krankhaftes interpretiert „Das ist auf keinen Fall normal. Das ist was Schlimmes. Wenn ich das nicht untersuchen lasse, dann sterbe ich daran.“ Und das wiederrum erzeugt auf der Gefühlsebene Angst, welche abermals wahrgenommen und bewertet wird „Oh Gott, mein Herz schlägt aber schnell und ich fühle mich so zittrig. Das wird ja immer schlimmer. Das ist jetzt sicher der Herzinfarkt.“. Die Angstgefühle führen abermals zu einer verstärkten Selbstbeobachtung „Was sich so ungut anfühlt, muss gefährlich sein, dass muss ich im Blick behalten. Oder ich muss das untersuchen lassen.“ Und damit dreht sich der Teufelskreis der Angst und die Angst wird nicht weggehen.

 

❗ Die wesentlichen aufrechterhaltenden Mechanismen der Ängste sind:

·       Aufmerksamkeit auf den Körper,

·       Die Bewertung der Körpersymptome als gefährlich

·       Sicherheitsverhalten, um kurzfristige Entlastung zu erfahren

 

💬 Entlastende Botschaft:

 

Krankheitsangst hat jeder Mensch, der eine mehr der andere weniger. Nicht immer ist die Angst vor Krankheit eine psychische Erkrankung. Und wenn dem so ist, dann ist sie mit Hilfe von Psychotherapie gut behandelbar.

 

🧘‍♀️Bewältigungsstrategien bei Krankheitsängsten

 

Ziel ist es, dass die Betroffenen weniger von ihren Ängsten eingeschränkt sind. Durch die Krankheitsängste werden entweder Dinge vermieden oder um Sicherheit zu erlangen zu häufig aufgesucht:

·       Manche Betroffene meiden Krankenhäuser und Ärzte, um mögliche Diagnosen zu vermieden; andere suchen sie sehr häufig auf, um Sicherheit zu bekommen

·       Vermeidung von Situationen, in den denen keine sofortige Rückversicherung möglich ist, wie zum Beispiel der Auslandsurlaub

·       Vermeidung von Sport aus Angst vor erhöhtem Puls und folgendem Herzinfarkt

·       Ständiges Checken des Körpers: selbst die Brust abtasten, Absuchen der Haut, optische Begutachtung von Stuhlgang und Urin und so weiter

 

Das Sicherheitsverhalten, aber auch die Vermeidung nehmen viel Zeit in Anspruch, so dass die alltäglichen Tätigkeiten nur noch eingeschränkt ausgeführt werden können. Damit steigt das Stresslevel und die Lebensqualität leidet. 

 

Ein weiterer Faktor für die Aufrechterhaltung der Ängste sind die Bewertungen und Interpretationen der Symptome als gefährlich. Von daher ist es in der Bewältigung dieser Ängste wichtig, dass diese ungünstigen Gedanken bezogen auf die eigene Gesundheit bewusst gemacht, hinterfragt und durch realistischere Einschätzungen ersetzt werden.

 

Weiterhin müssen die Betroffenen lernen, auf ihr Sicherheitsverhalten zu verzichten und nicht jede Woche zum Arzt zu gehen, um sich zu vergewissern, dass sie nicht krank sind.

 

Auch wird über die sogenannte Aufmerksamkeitslenkung eine Reduktion der Ängste erreicht. Dabei lernen die Betroffenen ihre Selbstbeobachtung ihres Körpers zu reduzieren und ihren Fokus eher auf äußere Reize zu lenken.

 

Weitere ergänzende Bewältigungsstrategien sind Entspannungsmethoden und Stressreduktionsmaßnahmen.

 

Ein erster Schritt, um Ängste zu bewältigen, ist, sie zu benennen. Dabei können dir folgende Fragen helfen:

✍️ Reflexionsübung: Mein persönlicher Umgang mit Gesundheit

 

1. Welche Gedanken habe ich oft über meinen Körper?

→ _______________________________________________________

 

2. Was tue ich, wenn ich etwas Ungewöhnliches spüre?

→ _______________________________________________________

 

3. Wie oft denke ich an mögliche Krankheiten? (Skala 0–10)

→ _______________________________________________________

 

4. Wie fühle ich mich bei diesen Gedanken?

→ _______________________________________________________

 

5. Wenn ich die Krankheitsängste habe, dann hilft mir kurzfristig:

® _______________________________________________________

 

 

Und hier möchte ich dir noch eine hilfreiche Übung vorschlagen, bei der du lernen kannst, deine körperlichen Symptome zwar wahrzunehmen, sie aber nicht zu bewerten:

🧘 Körperübung: Wahrnehmen ohne Bewertung

 

Ziel: Den Körper spüren, ohne ihn zu bewerten

 

1. Setze dich bequem hin.

2. Richte deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem.

3. Spüre 3 Körperbereiche (z. B. Hände, Bauch, Gesicht)

4. Sage innerlich: „Ich spüre etwas – und das ist okay.“

 

→ Wiederhole täglich 3 Minuten

 

Im nächsten Schritt kannst du ausprobieren, wie du aus den Gedanken, die ein Körpersymptom als gefährlich bewerten einen neutralen Gedanken machen kannst:

🔄 Veränderungsimpuls: Vom Alarm zur Information

 

Gedanke: „Mein Körper sendet Signale – das heißt nicht, dass ich krank bin.“

Übung: Schreibe 3 Körperempfindungen auf, die dich beunruhigen – und formuliere jeweils einen beruhigenden Gegengedanken.

 

Empfindung: _________________________________________________________________

Angstgedanke: _______________________________________________________________

alternativer Gedanke: _________________________________________________________

 

Und zum Abschluss gebe ich dir noch vier Impulse, die du immer mal wieder in deinem Alltag befolgen kannst:

🏡 Alltagstransfer: Was ich heute tun kann

 

✅ Ich beobachte meinen Körper – aber ohne Bewertung

✅ Ich spreche mit jemandem über meine Sorgen

✅ Ich mache eine kleine Achtsamkeitsübung

✅ Ich erinnere mich: „Ich darf etwas spüren – das ist normal.“

 

Schreibe mir sehr gerne deine Gedanken und Erfahrungen zu diesem Thema, entweder hier als Kommentar oder als E-Mail über mein Kontaktformular oder gerne auch eine WhatsApp-Nachricht: 01515-220 455 9

 

Vielleicht hast du dich bei diesen Beschreibungen wiedergefunden und möchtest an deinen Ängsten arbeiten, dann schau dir gerne den Online-Kurs „Angst vor Krankheit bewältigen“

Hinweis: Dieser Kurs kann und darf keine Psychotherapie ersetzen.


Herzliche Grüße

Wenke Kroschinsky (Psychologische Psychotherapeutin)

 
 
 

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