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Depression: Symptome, Ursachen und Möglichkeiten der Behandlung

Rund 5,3 Millionen Deutsche leiden unter einer Depression. Wer selbst noch nie eine Depression hatte, kann oft nur schwer verstehen, wie sich ein depressiver Mensch fühlt. An Depression Erkrankte fühlen sich häufig unverstanden, alleingelassen und nicht ernstgenommen. Manche fühlen, dass etwas nicht mit ihnen stimmt, aber können diese Symptome nicht einer Depression zuordnen. Andere wiederrum schämen sich so sehr für ihr Leiden, dass sie weitermachen, funktionieren, als ob nichts ist, ihren Jobs weitergehen, ihre Familien versorgen und innerlich nur noch denken „Ich kann nicht mehr.“ Leider laufen diese Personen Gefahr, dass sich ihre Symptome weiter verschlimmern und gar chronifizieren.


In diesem Artikel möchte ich euch die Symptome und die möglichen Ursachen einer Depression vorstellen. Außerdem werde ich auch von den gängigen Therapiemethoden aus der Verhaltenstherapie erzählen.


Welche Symptome hat eine Depression?


Ärzte und Psychotherapeuten ziehen für ihre Diagnostik das ICD 10 (=International Classification of Deseases) heran. Dort wird die Depression in leicht, mittelschwer oder schwer ausgeprägt unterschieden, je nachdem wie viele und in welchem Ausmaß die folgenden Symptome vorhanden sind:


- Die Stimmung ist die meiste Zeit des Tages und über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen gedrückt. Das heißt der Betroffene fühlt sich traurig.

- Antriebslosigkeit: Depressive haben Schwierigkeiten, alltägliche Tätigkeiten auszuführen. Alles fällt ihnen schwer.

- Verlust der Lebensfreude: Keine Aktivität macht ihnen Spaß, auch wenn das früher einmal der Fall war.


Diese drei Kategorien zählen zu den Hauptsymptomen. Zusätzlich spricht man in der ICD10 noch von Untersymptomen, die da wären:


- Sozialer Rückzug

- Verminderte Konzentrations- und Gedächtnisfähigkeit

- Schlafprobleme

- Erhöhte Ermüdbarkeit

- Verminderter Appetit

- Niedriges Selbstwertgefühl

- Schuldgefühle

- Suizidgedanken

- Körperliche Beschwerden wie zum Beispiel Magen-Darm-Beschwerden

- Verlust der Libido


Wenn du aus der Perspektive einer Betroffenen lesen möchtest, wie sich eine depressive Phase anfühlt, dann lies bitte folgenden Blogartikel von mir: Blogartikel


Welche Ursachen haben Depressionen?


Es gibt nicht DIE eine Ursache für eine Depression, sondern nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen wird von unterschiedlichen, zusammenauftretenden Faktoren ausgegangen, welche die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression zu erkranken, erhöhen. Dazu zählen:


Chronische oder aktuelle belastende Lebensereignisse, zum Beispiel:

  • Pflege eines Angehörigen, Betreuung eines behinderten Kindes, Tod eines Angehörigen, Verlust des Jobs, Übergang in eine neue Lebensphase (Geburt, Rente, neuer Job)

Erfahrungen und Prägungen in der Kindheit und Jugend, zum Beispiel:

  • Mobbing

  • Psychisch kranke Eltern

  • Das Kind abwertende Eltern

  • Missbrauchserfahrungen

Genetische Veranlagung


Pessimistischer, negativistischer, emotional instabiler Persönlichkeitsstil

Organische Erkrankungen, zum Beispiel:

  • Schilddrüsenfehlfunktionen

  • Chronische Schmerzen

  • Wechseljahre

  • Multiple Sklerose

  • Diabetes


In den allermeisten Fällen berichten Depressive von mehreren diesen Faktoren in ihrem Leben.


Welche weiteren typischen Anzeichen hat eine Depression?


Die oben aufgeführten Symptome werden in einer Verhaltenstherapie noch intensiver und detaillierter betrachtet. Dabei haben Forscher herausgefunden, dass sich bestimmte Denk- und Verhaltensmuster bei den meisten Depressiven wiederfinden.


Als erstes wäre da die kognitive Triade von Beck zu nennen:

  • Ein negatives Selbstbild

  • Ein negatives Bild auf die Welt und auf andere Personen

  • Ein negatives Zukunftsbild


Anmerkung: kognitiv bedeutet auf unserer Gedanken bezogen


Personen mit einem negativen Selbstbild leiden unter einem geringen Selbstwertgefühl. Sie glauben, sie seien wertlos, nicht gut genug, nicht liebenswert, schlecht, dumm und so weiter. Sie sehen sich als Versager auf kompletter Linie und können ihre bisher gemachten Erfolge nicht ihren eigenen Fähigkeiten zuordnen.


Menschen mit einem negativen Bild auf die Welt und auf andere Personen halten die Welt als zum größten Teil schlecht, böse und unfair. Auch andere Personen sehen sie eher als Bedrohung. Sie sind misstrauisch, übervorsichtig, häufig unzufrieden, geben oft anderen die Schuld an ihrem Leid und man hört sie oft meckern und schimpfen.


Personen, welche ein negatives Zukunftsbild haben, glauben, dass ihre Situation niemals besser werden wird. Sie sind hoffnungs- und hilflos. Sie sehen keine Lösungen, sondern nur Probleme und Schwierigkeiten.


Ein weiteres „Phänomen“, was man bei depressiven Menschen gehäuft beobachten kann, sind die sogenannten Denkfehler oder Denkverzerrungen, wobei diese auch bei gesunden Menschen vorkommen. Diese passen auch zu der kognitiven Tirade. Ich stelle euch mal ein paar davon vor:


Katastrophisierung:

  • Wenn ich durch diese Prüfung durchfalle, bekomme ich nie einen guten Job.

  • Wenn mein Partner mich verlässt, werde ich für immer allein und unglücklich bleiben.

  • Wenn ich diesen Job nicht bekomme, ende ich in der Gosse.


Personalisierung (alles auf die eigene Person beziehen):

  • Die Kollegin hat mich heute nicht gegrüßt. Die kann mich nicht leiden.

  • Mein Partner hat mich heute noch gar nicht geküsst. Er liebt mich nicht mehr.

  • Die Erzieherinnen erzählten mir, dass mein Kind ein anderes Kind angegriffen haben. Ich bin eine schlechte Mutter.

Emotionale Beweisführung:

  • Ich habe mich da total wertlos gefühlt, also bin ich wertlos.

  • Ich fühle mich dick, also bin ich auch dick.

Verallgemeinerungen:

  • Schon wieder habe ich das Essen versalzen. Ich bin eine total schlechte Ehefrau und Mutter.

Das sind ein paar wenige Beispiele. Beck hat noch ein paar mehr davon beschrieben, doch das würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.


Welche Behandlungsansätze bietet die Verhaltenstherapie?


Die Verhaltenstherapie kann mit unterschiedlichen Interventionen bei einer Depression aufwarten, je nachdem welche Symptomatik bei den Betroffen in welcher Stärke ausgeprägt ist.


Zu allererst wird bei allen Erkrankten, unabhängig von der Störung, eine Anamnese der Symptome, der Störungsentwicklung und der Biografie gemacht. Dann wird mit dem Patienten besprochen wie sich diese Erkrankung ausgebildet hat und warum sie nicht von allein wieder weggeht. Anschließend werden die Therapieziele abgeleitet und entsprechende Methoden festgelegt. Die Abfolge der Methoden ist dabei hochindividuell.


Bei Depressionen wird typischerweise die Verhaltensaktivierung eingesetzt. Verhaltensaktivierung zielt darauf ab, dass die Betroffenen wieder eine Tagesstruktur mit alltäglichen Aktivitäten aufbauen und darüber ihre Antriebslosigkeit überwinden. Außerdem werden krafttankende und freudebringende Tätigkeiten gesammelt und in den Alltag integriert, um die Stimmung zu stabilisieren. Das zugrundeliegende Modell der Verhaltensaktivierung habe ich in diesem Blogartikel beschrieben.


Weiterhin findet häufig ein Entspannungstraining in den Verfahren „Autogenes Training“ oder „Progressive Muskelentspannung“ statt. Depressive fühlen sich zwar häufig kraftlos, klagen aber auch parallel über innerliche Unruhe, welche mit einem entsprechenden Entspannungsverfahren behandelt werden soll.


Ein wesentlicher Bestandteil der Depressionsbehandlung in der Verhaltenstherapie ist die kognitive Umstrukturierung. Diese hat zum Ziel die Denkfehler, Denkverzerrungen und schädlichen oder hinderlichen Gedanken bewusst zu machen, zu hinterfragen, auf ihre Richtigkeit zu analysieren und sie zu verändern.


Auch ein soziales Kompetenztraining kommt häufig zur Anwendung. Depressive leben oft sehr zurückgezogen und weisen geringe soziale Kompetenzen, eine verminderte Konfliktfähigkeit und eine allgemeine soziale „Schüchternheit“ auf. Im sozialen Kompetenztraining sollen die Patienten mit Hilfe von Rollenspielen wieder lernen, ihre Rechte durchzusetzen, Konflikte konstruktiv auszutragen oder auch andere um Hilfe zu bitten.


Ein weiteres wichtiges Ziel von vielen Patienten ist die Erhöhung des Selbstwertgefühles. Hierfür stehen den Therapeuten unterschiedliche Werkzeuge zur Verfügung wie zum Beispiel die kognitive Umstrukturierung, das Erfolgstagebuch, das Reflektieren der eigenen Kompetenzen und noch mehr.


Auch ein Achtsamkeitstraining kommt immer häufiger zum Einsatz. Dabei sollen die Betroffenen lernen, ihre Aufmerksamkeit auf den jetzigen Moment zu lenken und damit Grübelneigung abzubauen.


Eine Depression ist eine ernstzunehmende Erkrankung und für Außenstehende oft nicht leicht zu erkennen. Solltest du den Verdacht haben, selbst oder eine andere Person könnte betroffen sein, so wende dich bitte an deinen Hausarzt. Auch die Telefonseelsorge unter der Nummer 08001110111 kann eine erste Anlaufstelle sein.


Vielen Dank für deine Aufmerksamkeit und Zeit zum Lesen dieses Artikels. Wenn du Fragen hast, kontaktiere mich sehr gerne:



Herzliche Grüße

Wenke Kroschinsky

Psychologische Psychotherapeutin für Verhaltenstherapie

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