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Unser Organismus kann nicht über eine längere Zeit auf den Schlaf verzichten. Schlaf ist das Fundament für unsere psychische und physische Gesundheit. Im Schlaf regenerieren sich unsere Zellen, Abfallprodukte werden zusammengetragen und abtransportiert, Erinnerungen und Erlebtes sortiert sich im Gehirn. Zu wenig Schlaf wirkt sich negativ auf unser Leistungsniveau, auf unser psychisches Wohlbefinden und auf unsere körperliche Gesundheit aus. Das ist dir bekannt, stimmts?
Doch was den meisten nicht bewusst ist, dass manchmal ihre Schlafprobleme daher rühren, weil sie dem Schlaf eine übermäßige Bedeutung beimessen. Sie katastrophisieren regelrecht die Ausmaße, wenn sie mal schlecht oder wenig geschlafen haben:
„Ich habe fast gar nicht geschlafen. Ich weiß nicht, wie ich den Tag überstehen soll.“
„Mein Schlaf war so schlecht, ich werde meine Arbeit heute niemals schaffen.“
„Ich bin es sooo leid, tagsüber immer nur müde zu sein und abends im Bett bin ich dann putzmunter.“
Versteh mich an dieser Stelle bitte nicht falsch: dauerhafter Schlafmangel ist definitiv gesundheitsschädlich. Aber eine hin und wieder durchmachte Nacht kann der Körper ganz gut wegstecken.
Was dieses Katastrophisieren so schlimm macht, ist die Tatsache, dass die Betroffenen schon abends, bevor sie ins Bett gehen, darüber nachdenken, wie wohl der morgige Tag sein wird, wenn sie mal wieder nicht gut durchschlafen können. Sie stellen sich den nächsten Tag schwer, anstrengend, nicht bewältigbar vor. Sie sehen sich selbst total übermüdet und mit schlechter Laune durch den Tag wandeln, kaum in der Lage, sich auf den Beinen zu halten.
Diese Katastrophenfantasien lösen einen innerlichen Druck aus: den Druck, endlich mal richtig schlafen zu können. Dieser Druck lässt sich auch als Stressreaktion des Körpers beschreiben: Adrenalin und Kortisol werden ausgeschüttet, beides Hormone, welche den Wachzustand des Organismus fördern. Mit diesem Hormoncocktail und dem gedanklichen Druck „Ich muss unbedingt schlafen.“ gehen sie ins Bett. Und was passiert? Sie können nicht einschlafen. Je mehr sie den Schlaf erzwingen wollen, desto schlechter wird er. Die Anforderungen, welche sie an sich selber stellen, lösen Ängste vor einer weiteren schlaflosen Nacht aus. Der Körper fährt Herzschlag und Blutdruck hoch als Folge der Angst. Doch mit einer erhöhten Herzfrequenz und einem erhöhten Blutdruck lässt´s sich nicht einschlafen.
Deswegen ist es wichtig, dass wir den Druck aus dem Schlafprozess herausnehmen. Schlafen ist etwas, was über uns kommt, was uns erfasst und nichts, was wir willentlich herbeiführen können (ähnlich wie unsere Verdauung 😉). Um unsere Anforderungen und damit die Ängste einzudämmen können wir uns sagen:
„Schön, dass ich jetzt mal acht Stunden nichts tun muss. Ich darf mich jetzt acht Stunden ausruhen, entspannen. Niemand will etwas von mir.“
Dies nimmt den Druck aus dem Schlafprozess.
Auch das Bewusstsein darüber, dass nicht jede Nacht gleich ist, kann den Druck auf die Schlafqualität mindern. So wie wir uns tagsüber manchmal froh gestimmt und manchmal trübselig fühlen, so fühlen wir uns auch in der einen Nacht entspannt und in der anderen angespannt. Solltest du also mal eine schlechte Nacht haben, oder auch zwei oder drei hintereinander, dann steigere dich nicht in die möglichen negativen Auswirkungen hinein. Dies erhöht deine innere Anspannung und die verhindert einen erholsamen Nachtschlaf.
Ein weiterer Störfaktor für den Schlaf ist eine Wahrnehmungsverzerrung: In mehreren Studien wurde herausgefunden, dass viele Menschen davon überzeugt sind, dass sie schlecht schlafen. Diese Überzeugung führt dazu, dass sie nach Beweisen für ihren schlechten Schlaf suchen, zum Beispiel wie fit sie tagsüber sind. Jedes Tief wird dann dem vermeintlich schlechten Schlaf in der Nacht zugeschrieben und die Müdigkeit tagsüber wird noch intensiver und noch störender wahrgenommen, als von einem Menschen, welcher davon überzeugt ist, gut geschlafen zu haben, obwohl dem nicht der Fall ist. Subjektive und objektive (messbare) Schlafqualität müssen nicht immer übereinstimmen.
Auch hier hat die Wahrnehmungsverzerrung zur Folge, dass der Schlaf zu kritisch und zu intensiv beobachtet und bewertet wird, was wiederum einem entspannten Schlafprozess im Wege steht.
Noch ein Phänomen beeinträchtigt unseren Schlaf: wenn Menschen unter Schlafschwierigkeiten leiden, dann unterschätzen sie ihre Schlafdauer, was wiederrum dazu führt, dass sie die zu kurze Schlafdauer verantwortlich für ihre Tagesmüdigkeit und für ihre verminderte Leistungsfähigkeit machen. Sie ärgern sich über ihre Schlafprobleme, nehmen diesen Ärger abends mit ins Bett und können vor lauter Ärger mal wieder nicht einschlafen.
Auch bezüglich des Durchschlafens haben die meisten falsche Vorstellungen. Es ist völlig normal, dass wir mehrmals in der Nacht wach werden (laut Studien bis zu 28-mal 😮). Die meisten Wachphasen können wir am nächsten Tag gar nicht erinnern. Die, die wir erinnern, nehmen wir besonders ernst und meinen, an einer Durchschlafstörung zu leiden. Oftmals ist das aber gar nicht der Fall.
Eine einfache Methode, diesem Nicht-Durchschlafen zu begegnen, ist, ruhig und gelassen zu bleiben. Denn genau wie beim Einschlafen würde eine Verärgerung über das nächtliche Aufwachen unser System hochfahren und ein Wiedereinschlafen rückt in weiter Ferne. Du könntest dir Sätze sagen wie
„Wie schön, dass ich mich ganz bewusst noch eine ganze Weile in mein Bett kuscheln kann.“
Und dann genieße mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen dein gemütliches, warmes Bett.
Ein weit verbreitetes Schlafproblem tritt nur in der Nacht von Sonntag auf Montag auf. Das liegt daran, dass wir am Wochenende typischerweise zu anderen Zeiten ins Bett gehen und aufstehen als an den restlichen Tagen der Woche. Idealweise verschiebt sich unsere Schlafenszeiten hin zu unseren ganz individuellen Schlafbedürfnissen. Diese stimmen aber in den meisten Fällen nicht mit den Arbeitszeiten überein, so dass wir sonntags meist zu spät ins Bett gehen, aber montags zu zeitig aufstehen müssen. Außerdem plagen viele Menschen am Sonntagabend die Gedanken an die neue Arbeitswoche mit all ihren anstehenden Verpflichtungen.
In vielen Ratgebern liest man nun, dass man am Wochenende dem gleichen Schlafrhythmus folgen soll wie an den Werktagen. Mir persönlich kommt das wie Folter vor. Ich würde eine andere Richtung vorschlagen, sofern das bei dir möglich ist: Warum nicht den Montag entzerren, wenn irgendwie möglich. Montags später mit der Arbeit beginnen. Wichtige Termine erst auf den Dienstag legen. Montags den Arbeitstag mit angenehmen Highlights verschönern. Montags überhaupt entschleunigen, es ruhiger angehen lassen.
Aufgaben für dich:
Überprüfe, ob du dich abends unter Druck setzt, dass du schlafen musst. Sollte dem so sein, dann sag dir selbst folgende Sätze:
„Desto entspannter ich bin, je leichter kann ich schlafen.“
„Ich darf ruhen und mich dabei erholen.“
„Ob ich morgen fit bin oder nicht, spielt hier und jetzt keine Rolle. Darum kümmere ich mich dann morgen.“
„Ich bin dankbar für mein kuscheliges Bett und für das Dach über dem Kopf.“
„Egal wie gut und wie viel ich schlafe, ich werde das Beste daraus machen.“
„Jede Nacht ist anders.“
Solltest du unter Schlafprobleme ausschließlich sonntags leiden, dann kannst du folgendes tun:
Gleiche deine Schlafenszeiten am Wochenende den Schlafenszeiten unter der Woche an, so dass du immer ungefähr im Rhythmus bleibst.
Entzerre den Montag:
Geh später auf Arbeit Scund/oder mach eher Feierabend.
Gönne dir montags etwas Besonderes, auf was du dich freuen kannst.
Mach dir den Montag so leicht wie möglich.
Verlege wichtige Termine auf Dienstag.
Ich hoffe, du hattest ein paar „AHA“-Momente während des Lesens und ich würde mich sehr freuen, wenn du mir davon berichtest.
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Herzliche Grüße
Wenke Kroschinsky
Psychologische Psychotherapeutin für Verhaltenstherapie
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