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  • wenkekroschinsky

Warum entspannt man eigentlich im Urlaub? Und wie nehme ich das Urlaubsgefühl mit in den Alltag?

Ein und eine halbe Woche Urlaub liegen hinter uns. Urlaub mit dem Wohnmobil an der ostfriesischen Nordseeküste und entlang der Elbuferstraße. Viel Zeit in der Natur, viel Zeit beim Fahren, viel Zeit zum Nachdenken. Und ich habe mich gefragt, was es denn im Urlaub ist, dass mich entspannen lässt. Dass ich abschalten kann. Dass ich aus dem Hustle im Kopf aussteige.


Wir fahren von Ort zu Ort. Bewundern die Hausbauweise, die so anders ist als unsere einheimische. Wir sehen Wälder, Felder, Meer, Seen, Flussläufe, Gärten, Wiesen, Kühe, Pferde. Um jeder Kurve begegnen uns Dinge, die wir so noch nie vorher gesehen haben. Wir saugen die Eindrücke auf. Wir sehen Details, zum Beispiel dass in einer Kleinstadt aus allen unmöglichen Pflasterritzen Stockrosen wachsen. Wir riechen die unvertraute Meersalzluft. Wir spüren den erfrischenden Wind auf der Haut. Wir laufen mitten durch eine Schafherde. Wir lesen die Informationen zu den Häusern, ihre Geschichten. Abends schlafen wir zufrieden und erschöpft ein, mit dem Wissen, dass wir auch am nächsten Tag wieder durchs Land fahren und alles genießen dürfen. Wir halten dort an, wo es uns gefällt. Fahren weiter, wenn wir genug haben. Begegnen fremden Menschen, hören uns ihre Geschichten an. Wir essen, wenn wir hungrig sind. Meist stehen wir mit den ersten Sonnenstrahlen auf und gehen mit den letzten zu Bett.


Was war es nun aber genau, dass ich das Gefühl hatte, Urlaub zu haben?


1. Achtsamkeit

Ich glaube, jeder befindet sich im Urlaub in einem achtsamen Zustand. Alles ist neu, fremd, ungewohnt. Alles möchte angeschaut, gerochen, gespürt werden. Die Besonderheiten des Urlaubsortes werden im Detail wahrgenommen und abgespeichert. Man nimmt die Haltung eines neugierigen Kindes ein. Alles scheint interessant und zur genaueren Betrachtung lohnenswert. Nichts scheint selbstverständlich zu sein. Wir verweilen in den Momenten, denken nicht an das, was als nächstes kommt.


2. Sich treiben lassen

Die Zeit verliert ihre alltägliche Bedeutung. Der Tag liegt am Morgen unverplant und jungfräulich vor uns. Wir wissen am Morgen nicht, welche Strecke wir am Abend zurückgelegt haben werden, welche Orte wir anfahren werden, wo wir stehen werden. Einzig das Sonnenlicht bestimmt unseren Schlaf-Wach-Rhythmus. Wir verabschieden uns von Plänen und festen Zielen. Der Weg wird zum Ziel, im wahrsten Sinne des Wortes. Das Mittagessen muss nicht Punkt Zwölf auf dem Tisch stehen. Manchmal fällt es ganz aus und wir improvisieren mit dem, was da ist.


Doch so ganz ohne Ziel geht es auch nicht. Wir brauchen eine grobe Richtung, in die wir fahren wollen. An jeder Kreuzung neu zu entscheiden, ob wir links, rechts oder geradeaus fahren wollen, kostet wahnsinnig viel Energie. Wir werden unzufrieden, sind uns uneinig, streiten und wissen eigentlich noch nicht einmal so genau, warum.


Am vierten Tag begannen wir, uns auf eine grobe Richtung zu einigen, ohne den Anspruch, an einem bestimmten Ziel ankommen zu müssen. Seitdem ist es entspannt. Wenn etwas unser Interesse weckt, halten wir an, schauen uns um, verweilen bis wir satt davon sind. Dann nehmen wir die abgesprochene Richtung wieder auf und fahren bis zum nächsten interessant scheinenden Punkt. Manchmal gibt es Schwierigkeiten: das Gas des Kühlschrankes will nicht angehen, der Keilriemen quietscht fürchterlich. Wir akzeptieren, halten an, beheben die Störung. Kein Ärger, dass unsere Reise unterbrochen wird. Kein Gedanke, dass wir unser Ziel nicht erreichen. Keine Wut, dass wir etwas verpassen könnten. Es ist wie es ist.


3. die Einfachheit

Immer wieder bin ich begeistert, mit welch wenigen Dingen wir auskommen. Wir haben ein Bett, eine Toilette, einen Kühlschrank, einen Gasherd, unsere Klamotten, meine geliebten Bücher, ein Waschbecken. Und wir haben nicht viel Platz. Wir können keine Kaffeemaschine mitnehmen, sondern greifen auf Instantkaffee zurück. Vorratshaltung ist nur bedingt möglich, also kaufen wir für maximal drei Tage ein und verbrauchen diese Lebensmittel auch. Klamotten wurden so ausgewählt, dass alles miteinander kombinierbar ist und sowohl zu sehr heißem als auch kühlerem Wetter passt. Auch die Schuhe müssen funktional sein.


Duschen im Wohnmobil macht echt keinen Spaß. Die Wäsche mit Waschlappen, die wir sicherlich alle noch aus Kindertagen kennen, tut es tatsächlich auch (jedenfalls für ein paar Tage). Mit Wasser müssen wir sparsam sein, da wir nur 60 Liter transportieren können. Es ist nicht viel, aber es ist völlig ausreichend.


Und ich merke, wie der wenige Besitz in diesen Tagen mich leichter macht. Es gibt nicht viel, um was wir uns kümmern müssen. Essen besorgen. Stellplatz suchen. Uns um Wasser kümmern. Die Toilette alle vier Tage entleeren. Im Gegensatz zu meinem festen Wohnsitz mit 5000 qm Grundstück und 200 qm Wohnfläche ist das Wohnmobil fast lächerlich spartanisch. Doch gerade hier im Wohnmobil merke ich, dass Besitz auch bindet. Er verpflichtet, sich darum zu kümmern. Ihn zu erhalten, zu pflegen, zu erneuern, darin immer und immer wieder Geld zu investieren. Geld, welches erarbeitet werden muss. Geld, welches mich letztendlich Lebenszeit kostet. Diese paar Tage Einfachheit waren befreiend.


Nun, wo der Urlaub sich dem Ende neigt, stell ich mir die Frage, wie ich die Entspannung mit in meinen Alltag tragen kann. Was kann ich beibehalten? Wenn vielleicht auch abgewandelt.


1. Den alltäglichen Dingen Aufmerksamkeit schenken. Mit der Wahrnehmung im gegenwärtigen Moment bleiben. Was tue ich gerade? Was sehe ich? Was höre ich? Was rieche ich? Was spüre ich? Was schmecke ich? Immer wieder den Fokus auf die gewohnten Begebenheiten richten. Alles betrachten, als ob ich es vorher noch nie erlebt habe. Neugierig, offen und unvoreingenommen. Das alltägliche genießen, nicht als selbstverständlich hinnehmen. Die Gedanken an die Zukunft einfangen und Grübeleien weniger Raum geben.


2. Den Tagen nur ein grobes Ziel geben. Entzerren, To-do-Listen kürzen, entschleunigen. Nur die aller wichtigsten und zum (über)leben notwendigen Aufgaben planen. Weniger in mehr Zeit schaffen wollen und nicht noch mehr in noch kürzerer Zeit. Vermeintliche Störungen hinnehmen und lernen, auch diese zu genießen. Abends mit dem zufrieden sein, was geschehen ist. Dankbar für das Erlebte sein. Dankbar für die gemeinsame Zeit sein. Mit Vorfreude auf den nächsten Tag schauen, mit all seinen Überraschungen. Unser Leben mit Demut begegnen, denn nichts ist selbstverständlich, alles ist ein Geschenk.


3. Weniger konsumieren, weniger besitzen und damit sich um weniger kümmern müssen. Mich immer wieder fragen, was ich denn wirklich brauche. Muss es das perfekte Rosenbeet sein oder geht auch eine wilde Blumenrabatte für die Bienen? Wie hoch darf der Rasen stehen? Welches sind meine Lieblingskleidungsstücke und -schuhe und darf der Rest gehen? Welche Jacken hängen schon seit Jahren ungetragen im Schrank und warum kann ich mich nicht von ihnen trennen? Wieviel Deko bin ich bereit regelmäßig zu entstauben? Müssen meine gelesenen Bücher bei mir bleiben oder dürfen sie noch jemand anderen unterhalten?


Dabei hilft mir meist die Vorstellung, dass ich die Dinge nicht nur mit Geld bezahle, sondern mit meiner Lebenszeit. Um Geld zu haben, muss ich Lebenszeit investieren. Je mehr Geld ich ausgebe, desto mehr Lebenszeit muss ich in die Beschaffung des Geldes investieren. Dieser Blickwinkel relativiert oft meinen Kaufwunsch.


Wie ist das bei euch mit dem Urlaub? Was macht euren Urlaub so richtig entspannt? Was darf in eurem Urlaub definitiv nicht fehlen? Und wie nehmt ihr die Entspannung mit in den Alltag?


Wenn ihr mögt, kommt gerne in meine Facebook-Gruppe „Deine tägliche Dosis Gesundheit“. Dort poste ich jeden Tag eine Inspiration zur Erhaltung und Förderung eurer psychischen Gesundheit. Dort könnt ihr auch Fragen stellen und eure Methoden, um gesund zu bleiben, mit uns teilen. Hier ist der Link zur Gruppe:



Wenn ihr Achtsamkeit lernen möchtet, dann informiert euch sehr gerne über meinen Achtsamkeitskurs auf meiner Webseite:



Ich freue mich über Nachrichten von euch!


Herzliche Grüße

Wenke Kroschinsky

M. Sc. Psychologin

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